Web­de­sign Trends 2024 und noch viel wei­ter

Wie in der Modewelt oder Musikszene ist auch das Web dem Kommen und Gehen von Trends ausgesetzt. Einige Styles werden zeitlose Klassiker, überstehen Dekaden und Technologiesprünge, während anderen schon nach wenigen Monaten die Hippness abgesprochen wird. Wir stellen hier ein paar Styles vor, die das Potential haben, echte Klassiker und Designikonen zu werden.

DARK MODE

Akkuleistung einsparen, Augen schonen oder Markenstatus verstärken – der DARK MODE hat im Webdesign nicht ausschließlich einen optischen Hintergrund. Historisch gesehen waren dunkle Hintergründe auf Terminals sogar Standard. Denn tatsächlich hatten die ersten PCs alle dunkle Bildschirme, weil die frühe CRT-Technologie nicht den gesamten Bildschirm mit Elektronen befeuern konnte, ohne den dadurch leuchtenden Phosphor durch den Kathodenstrahl zu verbrennen.
IBM PC-XT (5160) mit Kathodenstrahlröhre © dosdays.co.uk

IBM XT5160 mit Kathodenstrahlröhre ©dosdays.co.uk

1987 kam endlich durch VGA von IBM die Farbtiefe auf den Markt, die wir heute kennen und Oberflächen wurden maßgeblich hell. Aus der wissenschaftlich belegbaren Tatsache heraus, dass sowohl der Akkuverbrauch der Smartphones als auch die Augenbelastung durch hohe Bildschirmzeiten mit dem DARK MODE geringer war, stiegen viele Anbieter auf diesen Modus um. Neben den optischen Vorteilen, dass Bilder und Farben durch dunklen Kontext an Leuchtkraft gewinnen (siehe auch Farben), können gedeckte Oberflächen den Charakter einer Marke den Rahmen von Individualität, Finesse, Eleganz und Stärke unterstreichen. Der große Nachteil: Ein LIGHT MODE lässt sich nicht einfach in DARK invertieren, denn Kontraststärke und Farbhierarchien müssen an das dunkle Interface angepasst werden, um Nutzerfreundlichkeit und Markenkonsistenz einzuhalten. Visuell eignet sich der DARK MODE bestens in den Segmenten Architektur, Food, Automotive, Fashion und Technologie - weniger für Themen wie Tourismus, Gesundheit, Finanzen oder Kultur, die auf eine helle und freundliche Ansprache setzen.
Vor- und Nachteile des Dark Modes
Technologisch sollte man dem DARK MODE den Vorzug geben. Aus Designer- und Benutzersicht ist er jedoch anspruchsvoller als die konventionelle, helle Variante, wenn Corporate Design und Usability funktionieren sollen. Auch Markensprache und Marktumfeld muss zum distanzierten Dunkel-Look passen, damit der visuelle Gesamteindruck des Absenders stimmt.

MAXIMALISMUS

„Weniger ist mehr“ ist nicht jedermanns Sache und der Grat zwischen einfach und einfallslos sehr schmal. Der MAXIMALISMUS dagegen sträubt sich gegen das Gesetz des Weißraums und der klaren Struktur, indem die Webdesigner expressiv gestalten, um bewusst Emotion und Interaktion einzufordern, die Standards der User-Interface-Gestaltung auf den Kopf stellen, das Layout von leise auf laut drehen.

Eigenwillige Farb- und Schriftkombinationen wirken manchmal willkürlich...

„Mehr ist mehr“ ist hier Programm: Dissonante Farben, überdimensionierte Typografie, schräge Bild-Collagen und verstörende Muster wettern gegen den guten Geschmack der intuitiven Benutzerführung und stimulieren den Nutzer, durch die rebellische Ästhetik, die Plattform zu erleben und sich mit ihr auseinanderzusetzen. Auch wenn der Look des MAXIMALISMUS manchmal willkürlich und unprofessionell erscheint, setzt er an den Webdesigner sowohl hohe Ansprüche an handwerkliches Können und Kompositionsgefühl als auch an den technischen Weitblick, wenn es um die Einhaltung von grundlegenden Funktionalitäten geht. Die expressive Wucht des MAXIMALISMUS im Webdesign passt nicht zu jedem und sollte in Bezug auf Marke und Inhalten authentisch sein, wenn man nicht riskieren möchte, konstruiert rüberzukommen. Richtig eingesetzt, passt dieser Style bestens zu den Themen Kultur, Fashion, Sport, Lifestyle und Food…
Vor- und Nachteile des Maximalismus
Der MAXIMALISMUS ist hoch-kreativ, aber nicht willkürlich. Gerade in Bezug auf Responsiveness und User-Interface ist dieser Stil nicht nur expressiv, sondern muss gleichzeitig funktional sein – in Kombination keine leichte Aufgabe. Wenn die visuelle Lautstärke nicht nur konzeptionell, sondern auch thematisch zur Zielgruppe, der Plattform und Markenstimme passt, ist der MAXIMALISMUS der ideale, optische Rauchmelder für glattgebügelte Zielgruppen, die schon lange auf eine Überraschung warteten.

BIG TYPE

Überdimensionierte Typografie gehört nicht nur seit heute zu den beliebtesten Trends in der Webdesign-Szene. Je gigantischer die Schriftgröße, desto besser. Extrem große Schriften in massiven Schnitten sind dramatisch, extravagant, aufmerksamkeitsstark und bieten den optischen Kick, der Betrachter anzieht und fesselt.

Monumentale und catchy Headlines prägen das typografische Webdesign und stellen alles andere in den Schatten.

Die im Design enthaltenen Botschaften sind damit nicht nur grafisch monumental, sondern wirken auch inhaltlich omnipotent. In der Regel kommen im BIG TYPE Webdesign hauptsächliche klare, fette, serifenlose Groteske zum Einsatz. Wer noch einen draufsetzen möchte, wählt eine Extended, die dazu noch breit läuft. Die Kunst im BIG TYPE Webdesign liegt neben der sorgfältigen Auswahl der Schriftpaarungen in der extrem guten Kooperation zwischen Webdesigner und der Redaktion. Denn große, platzhungrige Schrift verlangt extrem reduzierte Textlängen des Redakteurs, die trotz Kurzfassung die Kernaussage treffen müssen. Gleichzeitig besteht der Anspruch an den Webdesigner darin, den eigentlichen Sinn von Schrift, die Information, im BIG TYPE Stil geräteübergreifend und trotzdem nutzerfreundlich zu transportieren. Die Lorbeeren verdient sich also nicht nur der Webdesigner, sondern zu einem großen Teil auch die Redaktion, die das Layout erst ermöglicht hat.
Vor- und Nachteile von Big Type
Das BIG TYPE Webdesign ist eines unserer Favoriten, weil es sich auf Information fokussiert und dabei den Betrachter, ohne viele Additive und Dekors, durch die galaktische Inszenierung der Typografie in seinen Bann zieht. Der BIG TYPE Stil setzt professionelles Typo-Knowhow und konzeptionsstarken, gut strukturierten, aber reduzierten Inhalt voraus. Für Marken und Plattformen, die frech, laut und knapp Headlines platzieren können, das ideale Stilmittel mit WOW-Effekt.

MINIMALISMUS

Das Fundament minimalistischer Gestaltung ist das Prinzip: Die Form folgt der Funktion. Alle Elemente, die lediglich der Dekoration dienen und für die Funktion des Designs irrelevant sind, werden ausgeschlossen. Das Prinzip ist nicht neu und findet sich historisch in allen Bereichen der Kultur und Kunst. Ob in der asiatischen Lebensart oder den Werken von Mies von der Rohe: „Weniger ist mehr“ ist die Kampfansage an allem Überflüssigen.

Die Reduktion auf das Wesentliche fordert Abstraktionsfähigkeit und Intuition beim Betrachter ein.

Im MINIMALISMUS spielt „Weißraum“, das optisch-unscheinbare Nichts, eine wesentliche Rolle in der Gestaltung. Die auch als Negativraum bezeichneten Flächen sollen dem Positivraum mit den eigentlichen Gestaltungsobjekten die optische Aufmerksamkeit schenken. Im MINIMALISMUS Webdesign wird das Interface auf die Minimalfunktionen reduziert - das kann typografisch, durch Symbole, Flächen oder Bilder umgesetzt werden. Trotz aller Reduktion auf das Wesentliche dürfen aber Stil, Handschrift, Individualität und Wiedererkennung nicht auf der Strecke bleiben. Der hohe Anspruch des MINIMALISMUS liegt darin, sich in der Gestaltung vorzustellen, dass Oberfläche und Inhalte so begrenzt sind, dass nur das Wesentliche darin Platz findet.
Vor- und Nachteile des MINIMALISMUS
MINIMALISMUS Webdesign hat den optischen und inhaltlichen Mut, sich auf den Kern der Plattform zu konzentrieren. Das erfordert konzeptionell, grafisch und redaktionell viel Abstraktionsfähigkeit. Marken und Plattformen, die bereit sind, allen Chi-Chi über Bord zu werfen und ausschließlich zielführenden, konvertierenden Content zu platzieren, erscheinen auf den ersten Blick zwar unemotional, vermitteln dem Betrachter durch die Klarheit des Designs und der Inhalte aber auch Souveränität und Kompetenz.

FAZIT

Mit den vier Grundtypen des Webdesigns DARK MODE, MAXIMALISMUS, BIG TYPE und MINIMALISMUS lassen sich eine Vielzahl an "Substyles" umsetzen. Ob Scrolly, 3D-Style, Scrapbook, Vintage oder Gradient-Look: Man kann sie jeweils in diesen Grundrichtungen umsetzen oder Basis-Looks miteinander kombinieren (z.B. Big Type und Dark Mode). Welcher Look am Ende geeignet ist, entscheidet allein das Corporate Design des Absenders und die Funktion, die es für den Nutzer erfüllen soll. Denn nicht jeder Style läßt sich auf eine Plattform übertragen...

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