Schriften im Web-Development: Grundlagen der Typografie
- von Massimo Pavese
Typografie sollte zwei Grundfunktionen erfüllen: Lesbarkeit und Strukturierung
CONTENT - die erste Hürde
Kriterien für die richtige Schriftauswahl
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Satzzeichen und Unicode.
Der Webfont sollte eine ausreichende Palette von Unicode-Zeichen unterstützen, um diverse Sonderzeichen und Symbole abzudecken. Dies ist besonders wichtig für mehrsprachige Websites oder solche mit speziellen Zeichenanforderungen. Ob alle Glyphen, die man braucht, im Zeichensatz enthalten sind oder welche Sprachversionen unterstützt wird, sollte man besser vor der Auswahl wissen.
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Statische oder variable Webschrift?
Die klassische Schriftart besteht aus mehreren Schriftschnitten wie z.B. thin, light, regular, medium, bold und extrabold. Jeder Schriftschnitt ist dabei eine eigene Datei und muss eingebunden werden. Bei variablen Schriften sind mehrere Achsen von Variationen in einer einzigen Schriftdatei kombiniert: Darin lassen sich Eigenschaften wie Weite, Neigung, Breite, Stärke und vieles mehr individuell anpassen. Im Zweifel sollte man die Variable Schrift der Statischen vorziehen.
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Achtung, Lizenzkosten!
Ausgenommen den freien Google- und Adobe-Webfonts, muss für jede Schriftart, die man gewerblich auf einer Plattform einsetzen möchte, eine Lizenz erworben werden. Diese Lizenz ist in vielen Fällen, je nach Anbieter, auch an die Art der Nutzung (Web, Onlinewerbung, App, Elektronische Dokumente) gebunden. Bei manchen bekannten Schriftarten fallen jährliche Nutzungsgebühren an, die auch an Besucherzahlen gekoppelt sind und schnell ein paar hundert Dollar im Jahr kosten.
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Ladezeiten und Performance
Je komplexer der Schriftsatz in seiner Optik ist und je umfangreicher die Satzzeichen sind, desto größer wird auch sein Dateigewicht. Vor allem dekorative Fonts können schnell die 500 Kilobyte-Grenze durchschlagen und sich schlecht auf die allgemeine Website-Performance auswirken. Bevor man sich für diese eine Schrift entscheidet, lohnt sich ein Blick ins Datenblatt zum Thema Dateigröße und Ladezeit.
IN 4 SCHRITTEN DIE RICHTIGE TYPOGRAFIE BESTIMMEN
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SCHRIFTKLASSEN KOMBINIEREN
Schriften miteinander zu kombinieren, ist eine Kunst für sich... Zur Auswahl stehen die Klassen SERIF (Buchstaben mit Strichabschluß), SANS-SERIF (klar, ohne Strichabschluß), MONOSPACE (einheitliche Lettern-Weite), KALLIGRAFIE (Handschriftoptik), DISPLAY (nur für Großformat). Um eine erste Auswahl zu treffen, sollte man eine gute Kombination aus mindestens 4 Schriften finden.
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SCHRIFT-HIERARCHIEN BILDEN
Es gibt im Webdesign mindestens 5 Rollen, die in eine Schrifthierarchie gehören: DISPLAY (Größter Text, sehr kurze Claim), HEADLINE (Großer Text, kurze Aussage), TITLE (Überschrift, mittellanger Text), BODY (Absatztext, sehr hohe Lesbarkeit), LABEL (Bezeichnungtext, Schaltflächen). Verteilen Sie Ihre Schriften auf diese Rollen!
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SCHRIFTGRÖSSEN TESTEN
Die kleinste Schriftgröße im Web sollte - so die Faustformel - die 16 Pixel nicht unterschreiten. Die Auswahl der richtigen Schriftart ist also vorallem eine Frage der Eignung. Bevor man sich auf eine Typografie festlegt, sollte der Punkt der Lesbarkeit auf die jeweilige Rolle vorab getestet werden. Um ein ausgewogenes Verhältnis der Schriftrollen (Display, Headline, Title, Body und Label) untereinander zu finden, kann der GOLDENE SCHNITT, eine Formel für harmonische Teilverhältnisse, angewandt werden - man nimmt die größte Schriftvariante und dividiert sie durch den FAKTOR 1,618 für die nächstkleinere Variante:
96 Pixel (Display): 1,618 = 59 Pixel (Headline) 59 Pixel (Headline): 1,618 = 37 Pixel (Title) 37 Pixel (Title): 1,618 = 23 Pixel (Body)
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FEINSCHLIFF
Je nachdem man sich für welche Schriftfamilie entschieden hat, ist sie in Bezug auf Lesekomfort zu optmimieren: Vorallem sogenannte CONDENSED- (schmale Lettern) oder EXTENDED-SCHRIFTEN (breite Lettern) sind nicht immer lesefreundlich und müssen auf Eignung geprüft werden. Eventuell müssen auch das SPACING (Letternabstand) oder die LINEHEIGHT (Zeilendurchschuß) nachjustiert werden, um die gewünschten Ergebnisse zu erreichen.
Schriften im Web-Development richtig einsetzen
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SCHRIFT EINBINDEN
Schriften in einer Website einzubinden (auf den Dateipfad zu verweisen), bedeutet nichts anderes, als die Website daran zu hindern, auf Standard-Systemzeichen zurückzugreifen und kosmetisch die Kontrolle zu behalten. Dabei können Schriften LOKAL auf dem eigene Server abgelegt oder EXTERN wie z.B. von Google oder Adobe-Servern geladen werden. Da nicht alle Browser das gleiche Schrift-Dateiformat lesen können, müssen von jedem Schriftschnitt die Formate .EOT, .WOFF, .WOFF2 und .SVG hinterlegt werden. Daten wie z.B. Schrift extern zu laden, ist datenschutzrechtlich anspruchsvoll. In unserem CSS-Codebeispiel gehen wir auf Nummer sicher und legen im Hauptverzeichnis unseres Webservers den Ordner “fonts” an und legen die Schriftformate dort ab.
@font-face { font-family: 'My Font'; src: url('/fonts/myfont.eot'); src: url('/fonts/myfont.eot?#iefix') format('embedded-opentype'), url('/fonts/myfont.woff2') format('woff2'), url('/fonts/myfont.woff') format('woff'), url('/fonts/myfont.ttf') format('truetype'), url('/fonts/myfont.svg#svgFontName') format('svg'); font-display: swap; font-weight: normal; }
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HTML-SEMANTIK FÜR TEXTE BEACHTEN
Wird die Website in HTML ausgegeben, folgt der Quelltext ein vordefinierten Struktur für Bereiche, Elemente und natürlich Text. In HTML gibt es 6 Hierarchieebenen bei den Überschriften (h= heading), wobei h1 die höchste und h6 die niedrigste Ebene ist. Entsprechend der Zahl sollten Überschriften nach ihrer Wichtigkeit chronologisch abwärts eingesetzt werden, wobei die h1-Überschrift nur einmal verwendet werden sollte. Neben anderen kommt als wichtiges Textelement der p-Tag dazu, der für den Absatz oder Fliesstext steht. REDAKTION UND WEBDESIGN SOLLTEN DIE ÜBERSCHRIFTEN-HIERARCHIEN SCHON IN DER KONZEPT- UND DESIGNPHASE BERÜCKSICHTIGEN. Um im Design aber flexibel zu bleiben, können durch unterschiedliche CSS-Klassen Größe und Optik variieren. Empfehlenswert ist die Planung von 3 Schriftgrößen für die Tags h1 bis h6 und p.
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RESPONSIVE SCHRIFTGRÖSSEN
Nachdem OPTISCHE und SEMANTISCHE Hierarchien festgelegt und Schriften zugeordnet wurden, geht es im letzten Schritt, um die responsive Umsetzung des Designs und seiner Schriften. Dafür stehen 5 Maßeinheiten zur Verfügung: PROZENT [%] Prozentangaben beziehen sich auf den relativen Anteil einer Größe in Bezug auf die Größe des übergeordneten Elements. Komplexe Verschachtelungen erschweren die Größenkontrolle. PIXEL [px] Pixel sind eine statische Einheit und nicht responsive. Für jede (viele, viele, viele) Auflösung müssen Pixelgrößen individuell angepasst werden. EM [em] Die EM-Einheit geht auf die Druckindustrie zurück - sie beschreibt die Größe des Buchstaben M im Verhältnis zum Druckblockformat. Ähnlich wie die Maßeinheit % bezieht sich die Einheit em auf das Verhältnis zum übergeordneten Element und ist schwer zu kontrollieren. REM [rem] Die REM-Einheit (root-em) basiert auf der Schriftgröße des Wurzelelements (die im html-Element definierte Basis-Schriftgröße). Das bietet eine einheitliche Skalierung über die gesamte Webseite, unabhängig von der Hierarchie der Elemente. CLAMP [clamp] Die Clamp-Funktion vereint die Vorteile der Einheit rem mit der Viewportweite, der Breite des Sichtbereiches und erzeugt eine linear-responsive Skalierung, indem Mindest-, Wunsch- und Maximalwert als Parameter gesetzt werden, z.B.
html { font-size: 16px; /* Wurzelelement */ } h1 { font-size: clamp(1.5rem, 1vw + 1rem, 2.5rem) } /* 1.5rem = 24px = Minimum 1% Viewportbreite + 16px = Wunschwert 2.5rem = 40px = Maximum */
Die Wahl der richtigen Maßeinheit hängt von den Anforderungen des Projekts ab, einschließlich des gewünschten Designs, der Responsivität und der Browserkompatibilität. Oft ist eine Kombination verschiedener Einheiten in Abhängigkeit von den Elementen und Anforderungen des Designs sinnvoll.
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USABILITY
Unter allen Aspekten des Designs sollte der Aspekt der Benutzerfreundlichkeit immer im Mittelpunkt stehen: HINTERGRÜNDE und SCHRIFTFARBE kontrastreich anlegen, LESBARKEIT durch schmale Spaltenbreite, ausreichende Zeilenhöhe und angenehme Schriftgrößen erhöhen und den TEXTUMFANG an eine durchschnittliche Lesezeit anpassen.