Schrif­ten im Web-Deve­­lo­p­­ment: Grund­la­gen der Typo­gra­fie

Typo­gra­fie, die Kunst der Schrift­ge­stal­tung, hat im Web Deve­lo­p­ment einen enor­men Ein­fluss auf das Erschei­nungs­bild und die Benut­zer­er­fah­rung von Web­sites. Doch wie genau spie­len Design und Tech­nik zusam­men, um eine har­mo­ni­sche Balance zwi­schen Ästhe­tik und Funk­tio­na­li­tät zu errei­chen? Eigent­lich ganz ein­fach! Denn sowohl die tech­ni­schen als auch die gestal­te­ri­schen Aspekte von Schrift im Web grei­fen inein­an­der...
 

Typo­gra­fie sollte zwei Grund­funk­tio­nen erfül­len: Les­bar­keit und Struk­tu­rie­rung

Die tech­ni­schen Anfor­de­run­gen an Schrift machen es Web­de­si­gnern ein­fach, sich an die Grund­re­geln der Typo­gra­fie zu hal­ten, solange sich der Con­tent dafür eig­net.
 

CON­TENT - die erste Hürde

Bei der Umset­zung von Web­sites spielt das redak­tio­nelle Manu­skript eine wich­tige Rolle. Nicht sel­ten ver­fü­gen Auf­trag­ge­ber aber nicht über das tech­ni­sche Wis­sen, Texte so anzu­lie­fern, das sie struk­tu­rell schon allen Vor­aus­set­zun­gen genü­gen. Um den Kun­den nicht zu über­for­dern, bit­ten wir unsere Auf­trag­ge­ber um ein Grob-Manu­skript, das zwar bereits alle not­wen­di­gen Fak­ten und Aus­sa­gen ent­hält, aber von uns tech­nisch und gra­fisch struk­tu­riert wer­den darf. Der Roh-Text wird in Zusam­men­ar­beit mit Online-Redak­tion, Web­de­sign und Deve­lo­p­ment in eine Form gebracht, die sowohl inhalt­lich anspre­chend ist, aber auch gra­fi­sche und tech­ni­sche Auf­ga­ben erfüllt. Das Ergeb­nis bie­tet dann eine gute Grund­lage, um mit dem Kun­den Fein­ab­stim­mung zu tref­fen.

Kri­te­rien für die rich­tige Schrift­aus­wahl

Wer­den nicht schon bereits über einen “Cor­po­rate Sty­le­guide” Vor­ga­ben an die Typo­gra­fie fest­ge­legt, hat der Webdesigner die Qual der Wahl. Der Fun­dus an Schrif­ten ist schier unend­lich - neben den bekann­ten Google Web­fonts oder Type­kit von Adobe, kann der Webdesigner auch auf selbst aus­ge­wählte Design-Schrif­ten zurück­grei­fen, die als Web­font ver­füg­bar sind. Bei aller Frei­heit gibt es aber ein paar wich­tige Punkte zu beach­ten:
  1. Satz­zei­chen und Uni­code.

    Der Web­font sollte eine aus­rei­chende Palette von Uni­code-Zei­chen unter­stüt­zen, um diverse Son­der­zei­chen und Sym­bole abzu­de­cken. Dies ist beson­ders wich­tig für mehr­spra­chige Web­sites oder sol­che mit spe­zi­el­len Zei­chen­an­for­de­run­gen. Ob alle Gly­phen, die man braucht, im Zei­chen­satz ent­hal­ten sind oder wel­che Sprach­ver­sio­nen unter­stützt wird, sollte man bes­ser vor der Aus­wahl wis­sen.

  2. Sta­ti­sche oder varia­ble Web­schrift?

    Die klas­si­sche Schrift­art besteht aus meh­re­ren Schrift­schnit­ten wie z.B. thin, light, regu­lar, medium, bold und extra­bold. Jeder Schrift­schnitt ist dabei eine eigene Datei und muss ein­ge­bun­den wer­den. Bei varia­blen Schrif­ten sind meh­rere Ach­sen von Varia­tio­nen in einer ein­zi­gen Schrift­da­tei kom­bi­niert: Darin las­sen sich Eigen­schaf­ten wie Weite, Nei­gung, Breite, Stärke und vie­les mehr indi­vi­du­ell anpas­sen. Im Zwei­fel sollte man die Varia­ble Schrift der Sta­ti­schen vor­zie­hen.

  3. Ach­tung, Lizenz­kos­ten!

    Aus­ge­nom­men den freien Google- und Adobe-Web­fonts, muss für jede Schrift­art, die man gewerb­lich auf einer Platt­form ein­set­zen möchte, eine Lizenz erwor­ben wer­den. Diese Lizenz ist in vie­len Fäl­len, je nach Anbie­ter, auch an die Art der Nut­zung (Web, Online­wer­bung, App, Elek­tro­ni­sche Doku­mente) gebun­den. Bei man­chen bekann­ten Schrift­ar­ten fal­len jähr­li­che Nut­zungs­ge­büh­ren an, die auch an Besu­cher­zah­len gekop­pelt sind und schnell ein paar hun­dert Dol­lar im Jahr kos­ten.

  4. Lade­zei­ten und Per­for­mance

    Je kom­ple­xer der Schrift­satz in sei­ner Optik ist und je umfang­rei­cher die Satz­zei­chen sind, desto grö­ßer wird auch sein Datei­ge­wicht. Vor allem deko­ra­tive Fonts kön­nen schnell die 500 Kilo­byte-Grenze durch­schla­gen und sich schlecht auf die all­ge­meine Web­site-Per­for­mance aus­wir­ken. Bevor man sich für diese eine Schrift ent­schei­det, lohnt sich ein Blick ins Daten­blatt zum Thema Datei­größe und Lade­zeit.

Schriftglyphen
Umlaute, Son­der­zei­chen, Sym­bole - bevor man sich für eine Schrift ent­schei­det, sollte man die Zei­chen­ta­belle und Datei­größe prü­fen

IN 4 SCHRIT­TEN DIE RICH­TIGE TYPO­GRA­FIE BESTIM­MEN

Beispiel für Schriftgewichtungen
Bei­spiel für Schrift­aus­wahl und Schrift­hier­ar­chien auf Mobile-Basis
Die Aus­wahl der rich­ti­gen Schrift­ar­ten ist der erste Schritt zu einer gelun­ge­nen typo­gra­fi­schen Gestal­tung. Nütz­lich dabei ist die Ent­wick­lung eines Schrif­ten­ka­ta­lo­ges, der Schrift­gat­tung, Schnitte und Grö­ßen clus­tert.
 
  1. SCHRIFT­KLAS­SEN KOM­BI­NIE­REN

    Schrif­ten mit­ein­an­der zu kom­bi­nie­ren, ist eine Kunst für sich... Zur Aus­wahl ste­hen die Klas­sen SERIF (Buch­sta­ben mit Strich­ab­schluß), SANS-SERIF (klar, ohne Strich­ab­schluß), MONO­SPACE (ein­heit­li­che Let­tern-Weite), KAL­LI­GRA­FIE (Hand­schrift­op­tik), DIS­PLAY (nur für Groß­for­mat). Um eine erste Aus­wahl zu tref­fen, sollte man eine gute Kom­bi­na­tion aus min­des­tens 4 Schrif­ten fin­den.

  2. SCHRIFT-HIER­AR­CHIEN BIL­DEN

    Es gibt im Web­de­sign min­des­tens 5 Rol­len, die in eine Schrift­hier­ar­chie gehö­ren: DIS­PLAY (Größ­ter Text, sehr kurze Claim), HEAD­LINE (Gro­ßer Text, kurze Aus­sage), TITLE (Über­schrift, mit­tel­lan­ger Text), BODY (Absatz­text, sehr hohe Les­bar­keit), LABEL (Bezeich­nung­text, Schalt­flä­chen). Ver­tei­len Sie Ihre Schrif­ten auf diese Rol­len!

  3. SCHRIFT­GRÖS­SEN TES­TEN

    Die kleinste Schrift­größe im Web sollte - so die Faust­for­mel - die 16 Pixel nicht unter­schrei­ten. Die Aus­wahl der rich­ti­gen Schrift­art ist also vor­al­lem eine Frage der Eig­nung. Bevor man sich auf eine Typo­gra­fie fest­legt, sollte der Punkt der Les­bar­keit auf die jewei­lige Rolle vorab getes­tet wer­den. Um ein aus­ge­wo­ge­nes Ver­hält­nis der Schrift­rol­len (Dis­play, Head­line, Title, Body und Label) unter­ein­an­der zu fin­den, kann der GOL­DENE SCHNITT, eine For­mel für har­mo­ni­sche Teil­ver­hält­nisse, ange­wandt wer­den - man nimmt die größte Schrift­va­ri­ante und divi­diert sie durch den FAK­TOR 1,618 für die nächst­klei­nere Vari­ante:

    96 Pixel (Display): 1,618 = 59 Pixel (Headline)
    59 Pixel (Headline): 1,618 = 37 Pixel (Title)
    37 Pixel (Title): 1,618 = 23 Pixel (Body)
  4. FEIN­SCHLIFF

    Je nach­dem man sich für wel­che Schrift­fa­mi­lie ent­schie­den hat, ist sie in Bezug auf Lese­kom­fort zu optmi­mie­ren: Vor­al­lem soge­nannte CON­DEN­SED- (schmale Let­tern) oder EXTEN­DED-SCHRIF­TEN (breite Let­tern) sind nicht immer lese­freund­lich und müs­sen auf Eig­nung geprüft wer­den. Even­tu­ell müs­sen auch das SPA­CING (Let­tern­ab­stand) oder die LINE­H­EIGHT (Zei­len­durch­schuß) nach­jus­tiert wer­den, um die gewünsch­ten Ergeb­nisse zu errei­chen.

Schrif­ten im Web-Deve­lo­p­ment rich­tig ein­set­zen

Nach­dem die Schrif­ten optisch aus­ge­wählt wur­den, geht es jetzt an die tech­ni­sche Ein­bin­dung und For­ma­tie­rung von Web­schrift. Dabei dreht sich in puncto Schrift und Pro­gram­mie­rung die Achse haupt­säch­lich um EIN­BIN­DUNG, SCHRIFT­GRÖSSE und SEMAN­TIK.
  1. SCHRIFT EIN­BIN­DEN

    Schrif­ten in einer Web­site ein­zu­bin­den (auf den Datei­pfad zu ver­wei­sen), bedeu­tet nichts ande­res, als die Web­site daran zu hin­dern, auf Stan­dard-Sys­tem­zei­chen zurück­zu­grei­fen und kos­me­tisch die Kon­trolle zu behal­ten. Dabei kön­nen Schrif­ten LOKAL auf dem eigene Ser­ver abge­legt oder EXTERN wie z.B. von Google oder Adobe-Ser­vern gela­den wer­den. Da nicht alle Brow­ser das glei­che Schrift-Datei­for­mat lesen kön­nen, müs­sen von jedem Schrift­schnitt die For­mate .EOT, .WOFF, .WOFF2 und .SVG hin­ter­legt wer­den. Daten wie z.B. Schrift extern zu laden, ist daten­schutz­recht­lich anspruchs­voll. In unse­rem CSS-Code­bei­spiel gehen wir auf Num­mer sicher und legen im Haupt­ver­zeich­nis unse­res Web­ser­vers den Ord­ner “fonts” an und legen die Schrift­for­mate dort ab.

    @font-face {
      font-family: 'My Font';
      src: url('/fonts/myfont.eot'); 
      src: url('/fonts/myfont.eot?#iefix') format('embedded-opentype'),
           url('/fonts/myfont.woff2') format('woff2'),
           url('/fonts/myfont.woff') format('woff'), 
           url('/fonts/myfont.ttf') format('truetype'),
           url('/fonts/myfont.svg#svgFontName') format('svg'); 
    font-display: swap;
    font-weight: normal;
    }
    
  2. HTML-SEMAN­TIK FÜR TEXTE BEACH­TEN

    Wird die Web­site in HTML aus­ge­ge­ben, folgt der Quell­text ein vor­de­fi­nier­ten Struk­tur für Berei­che, Ele­mente und natür­lich Text. In HTML gibt es 6 Hier­ar­chie­ebe­nen bei den Über­schrif­ten (h= hea­ding), wobei h1 die höchste und h6 die nied­rigste Ebene ist. Ent­spre­chend der Zahl soll­ten Über­schrif­ten nach ihrer Wich­tig­keit chro­no­lo­gisch abwärts ein­ge­setzt wer­den, wobei die h1-Über­schrift nur ein­mal ver­wen­det wer­den sollte. Neben ande­ren kommt als wich­ti­ges Text­ele­ment der p-Tag dazu, der für den Absatz oder Fliess­text steht. REDAK­TION UND WEB­DE­SIGN SOLL­TEN DIE ÜBER­SCHRIF­TEN-HIER­AR­CHIEN SCHON IN DER KON­ZEPT- UND DESIGN­PHASE BERÜCK­SICH­TI­GEN. Um im Design aber fle­xi­bel zu blei­ben, kön­nen durch unter­schied­li­che CSS-Klas­sen Größe und Optik vari­ie­ren. Emp­feh­lens­wert ist die Pla­nung von 3 Schrift­grö­ßen für die Tags h1 bis h6 und p.

  3. RESPON­SIVE SCHRIFT­GRÖS­SEN

    Nach­dem OPTI­SCHE und SEMAN­TI­SCHE Hier­ar­chien fest­ge­legt und Schrif­ten zuge­ord­net wur­den, geht es im letz­ten Schritt, um die respon­sive Umset­zung des Designs und sei­ner Schrif­ten. Dafür ste­hen 5 Maß­ein­hei­ten zur Ver­fü­gung:

    PRO­ZENT [%]
    Pro­zent­an­ga­ben bezie­hen sich auf den rela­ti­ven Anteil einer Größe in Bezug auf die Größe des über­ge­ord­ne­ten Ele­ments. Kom­plexe Ver­schach­te­lun­gen erschwe­ren die Grö­ßen­kon­trolle.

    PIXEL [px]
    Pixel sind eine sta­ti­sche Ein­heit und nicht respon­sive. Für jede (viele, viele, viele) Auf­lö­sung müs­sen Pixel­grö­ßen indi­vi­du­ell ange­passt wer­den.

    EM [em]
    Die EM-Ein­heit geht auf die Druck­in­dus­trie zurück - sie beschreibt die Größe des Buch­sta­ben M im Ver­hält­nis zum Druck­block­for­mat. Ähn­lich wie die Maß­ein­heit % bezieht sich die Ein­heit em auf das Ver­hält­nis zum über­ge­ord­ne­ten Ele­ment und ist schwer zu kon­trol­lie­ren.

    REM [rem]
    Die REM-Ein­heit (root-em) basiert auf der Schrift­größe des Wur­zel­ele­ments (die im html-Ele­ment defi­nierte Basis-Schrift­größe). Das bie­tet eine ein­heit­li­che Ska­lie­rung über die gesamte Web­seite, unab­hän­gig von der Hier­ar­chie der Ele­mente.

    CLAMP [clamp]
    Die Clamp-Funk­tion ver­eint die Vor­teile der Ein­heit rem mit der View­port­weite, der Breite des Sicht­be­rei­ches und erzeugt eine linear-respon­sive Ska­lie­rung, indem Min­dest-, Wunsch- und Maxi­mal­wert als Para­me­ter gesetzt wer­den, z.B.

    html {
    font-size: 16px; /* Wurzelelement */
    }
    
    h1 {
    font-size: clamp(1.5rem, 1vw + 1rem, 2.5rem)
    }
    
    /* 
    
    1.5rem = 24px = Minimum
    1% Viewportbreite + 16px = Wunschwert
    2.5rem = 40px = Maximum
    
    */
    

    Die Wahl der rich­ti­gen Maß­ein­heit hängt von den Anfor­de­run­gen des Pro­jekts ab, ein­schließ­lich des gewünsch­ten Designs, der Respon­si­vi­tät und der Brow­ser­kom­pa­ti­bi­li­tät. Oft ist eine Kom­bi­na­tion ver­schie­de­ner Ein­hei­ten in Abhän­gig­keit von den Ele­men­ten und Anfor­de­run­gen des Designs sinn­voll.

  4. USA­BI­LITY

    Unter allen Aspek­ten des Designs sollte der Aspekt der Benut­zer­freund­lich­keit immer im Mit­tel­punkt ste­hen: HIN­TER­GRÜNDE und SCHRIFT­FARBE kon­trast­reich anle­gen, LES­BAR­KEIT durch schmale Spal­ten­breite, aus­rei­chende Zei­len­höhe und ange­nehme Schrift­grö­ßen erhö­hen und den TEXT­UM­FANG an eine durch­schnitt­li­che Lese­zeit anpas­sen.

FAZIT

Typo­gra­fie (im Web) ist kom­plex und füllt Bücher. Daß sie unter allen Auf­ga­ben im Web­de­sign und Web­de­ve­lo­p­ment die anspruch­vollste Diva ist, liegt an dem Anfor­de­rungs-Mix an Con­tent-Krea­tion, Design­pro­zess und Pro­gram­mie­rung. Als Königs­dis­zi­plin ver­langt sie tech­ni­schen Weit­blick und Design­pra­xis, belohnt aber mit Indi­vi­dua­liät, zufrie­de­nen Nut­zern und ent­zück­ten Such­ma­schi­nen-Bots. Es lohnt sich!

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