BFSG und barrierefreie Websites – das sollte man wissen
- von Massimo Pavese
- Technik
- von Massimo Pavese
In einer zunehmend digitalen Welt ist es wichtiger denn je, dass Websites für alle Nutzer zugänglich sind, unabhängig von deren körperlichen oder technischen Einschränkungen. Barrierefreiheit im Webdesign ist nicht nur eine ethische Verpflichtung, sondern kann auch den Erfolg einer Website erheblich beeinflussen. In diesem Artikel geht es um barrierefreies Webdesign, warum es wichtig ist, welche Tools dabei helfen können und welche rechtlichen Anforderungen in Zukunft zu erwarten sind.
HINWEIS: Dieser Blogartikel stellt lediglich Hinweise und Beispiele zum Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) zur Verfügung und erhebt keinen Anspruch auf rechtliche Vollständigkeit. Jedes Unternehmen ist aufgefordert, individuell rechtlich prüfen zu lassen, ob und wie es seine betriebenen Webseiten gemäß den Anforderungen an Barrierefreiheit umstellen muss.
WELCHE ARTEN VON BEHINDERUNGEN STEHEN IM KONTEXT DER BARRIEREFREIHEIT?
Mitmenschen können auf unterschiedlichste Arten eingeschränkt sein. Wer sich mit Barrierefreiheit beschäftigt, sollte die diversen Behinderungen kennen und verstehen.
DIE VORTEILE DER BARRIEREFREIHEIT FÜR WEBSITE-BETREIBER UND E-COMMERCE
Plattformen, die nicht barrierefrei sind, verfehlen eine große Zielgruppe mit hohem und kontinuierlichem Bedarf an Online-Services.
- Erweiterung der Zielgruppe und damit auch mehr potenzieller Kunden
- Loyalitätssteigerung der Besucher durch verbesserte Nutzererfahrung und Usability
- Verbessertes SEO-Ranking und Sichtbarkeit bei Google und Co.
- Positioniert das Unternehmen ethisch und sozial in einem positiven Kontext
- Rechtskonformität durch Erfüllen der BFSG-Mindeststandards
Fast jeder Zehnte der deutschen Gesamtbevölkerung ist geistig und/oder körperlich eingeschränkt...
KÜNFTIGE RECHTLICHE ANFORDERUNGEN ZUR BARRIEREFREIHEIT
Ab 28. Juni 2025 gilt (auch) für Websites und Apps eine gesetzliche Pflicht zur Barrierefreiheit.
Für Blinde oder Menschen mit Sehbehinderung lesen Screenreader Websites aus und übertragen Texte an Terminals, die die Zeichen in Brailleschrift ausgeben.
WIE WIRD BARRIEREFREIHEIT FÜR PRODUKTE UND DIENSTLEISTUNGEN DEFINIERT?
WELCHE GESCHÄFTSBEREICHE UND UNTERNEHMEN SIND BETROFFEN?
WELCHE STANDARDS AN BARRIEREFREIHEIT SOLLEN ERFÜLLT WERDEN?
WAHRNEHMBARKEIT
Inhalte müssen von allen Nutzern wahrgenommen werden können, z.B. durch ausreichende Kontraste und Schriftgrößen, Textalternativen für nicht-textuelle Inhalte (wie Bilder oder Videos) oder der Bereitstellung von Transkripten für für audio-visuelle Medien.
BEDIENBARKEIT
Alle Funktionalitäten, Hierarchien und Inhalte einer Website müssen über Assistenztechnologie, mauslos mit verschiedenen Eingabegeräten wie Tastatur, Screenreadern und oder auch via Sprachsteuerung zugänglich sein.
VERSTÄNDLICHKEIT
Informationen und der Betrieb der Benutzeroberfläche müssen sprachlich und inhaltlich verständlich sein, z.B. durch klare Navigation, semantische Strukturen und leicht lesbare Texte.
KOMMUNIKATION
Formulare und Eingabefelder müssen so erreichbar und benutzerfreundlich gestaltet sein, das sie auch von Menschen mit Einschränkungen nutzbar sind und durch automatische Fehlererkennung bzw. Hilfestellungen bei der Korrektur die Interaktion unterstützen.
DOKUMENTATION
Die Barrierefreiheit ist dokumentationspflichtig, d.h. Unternehmen müssen eine klare und zugängliche Information bereitstellen, die beschreibt, wie die Barrierefreiheit erfüllt wird oder Hersteller eine Konformitätserklärung abgeben.
DIY-TIPPS UND HTML-BASICS IM DEVELOPMENT VON BARRIERFREIEN WEBSITES
Die barrierefreie Umsetzung von Websites ist je nach Art des CMS und des Frameworks sehr individuell. Dennoch gibt es einige Basics, mit denen eine Website auf Barrierefreiheit gut vorbereitet werden kann….
Der lang-Tag im HTML-Header ist entscheidend, um Screenreadern mitzuteilen, in welcher Sprache der Inhalt der Website verfasst ist. Der viewport-Meta-Tag hilft dabei, die Skalierbarkeit der Seite auf mobilen Geräten sicherzustellen. Dies ist besonders für Benutzer mit Sehbehinderungen wichtig, die möglicherweise den Inhalt vergrößern müssen.
<!DOCTYPE html> <html lang="de"> <head> <meta charset="UTF-8"> <meta name="viewport" content="width=device-width, initial-scale=1.0"> <meta name="description" content="Das ist für alle zugänglich."> <title>Barrierefreie Website</title> </head> <body> <!-- Inhalt hier --> </body> </html>
Mit Bildschirmlesegeräten lassen sich neben der Audioausgabe von Inhalten auch Kontrast, Textgröße oder Farbmodus steuern.
Bilder und Grafiken sollten ein beschreibendes alt-Attribut haben, um den dargestellten Inhalt auch für Screenreader zugänglich zu machen.
<img src="beispiel.jpg" alt="Beschreibung des Bildes">
Das role-Attribut ist ein potentes Werkzeug in der barrierefreien Programmierung. Mit diesem Attribut können Webentwickler die native Rolle eines Elements auszeichnen und z.B. wichtigen Bereichen wie Content oder Navigation eine auslesbare Zuordnung geben und es Screenreadern ermöglichen, Bereiche zu erkennen.
<nav role="navigation" aria-label="Hauptmenü"> <ul> <li><a href="#home">Startseite</a></li> <li><a href="#about">Über uns</a></li> <li><a href="#services">Dienstleistungen</a></li> <li><a href="#contact">Kontakt</a></li> </ul> </nav>
<main role="Inhalt"> <h1>Willkommen auf unserer barrierefreien Website</h1> <p>Hier finden Sie alle Informationen, die Sie benötigen.</p> </main>
Die Kennzeichnung von Elementen mit ARIA-Attributen dient der Identifizierung von Elementen, möglichen Aktionen oder Zuständen und erleichtert damit die Interaktion mit der Website durch Assistenztechnologie. Hier ein Beispiel für eine Checkbox…
<label for="customCheckbox" role="checkbox" aria-checked="false" tabindex="0" onclick="toggleCheckbox()">Akzeptieren Sie die Nutzungsbedingungen?</label> <script> function toggleCheckbox() { const checkbox = document.querySelector('[role="checkbox"]'); const isChecked = checkbox.getAttribute("aria-checked") === "true"; checkbox.setAttribute("aria-checked", !isChecked); } </script>
Die Fokusverwaltung ist ein wesentlicher Aspekt der Barrierefreiheit, insbesondere für Benutzer, die auf Tastatursteuerung angewiesen sind. Mit Skip Links ermöglicht man Keyboard-Benutzern, z.B. direkt zum Hauptinhalt zu springen, ohne durch die gesamte Navigation scrollen zu müssen.
<a href="#maincontent" class="skip-link">Zum Inhalt springen</a> <main id="maincontent"> <!-- Hauptinhalt der Seite --> </main>
Der Kontrast vergleicht die relative Helligkeit von Hintergrund zum Vordergrund. Das Kontrastverhältnis reicht von 1:1 (kein Kontrast) bis 21:1 (maximaler Kontrast). Ein guter Richtwert liegt bei 3:1 bis 8:1. Textinhalte oder Beschriftungen auf Interaktionsflächen sollten sich von der Hintergrundfläche gut abheben, um die Lesbarkeit von Website-Inhalten für Menschen mit eingeschränkter Sehstärke zu erleichtern. Tools wie der WEBAIM CONTRAST CHECKER helfen bei der Überprüfung.
NÜTZLICHE TOOLS UND RESSOURCEN FÜR BARRIEREFREIES WEBDESIGN
Um die Barrierefreiheit einer Website zu verbessern, kann man auf diverse Dienstleistungen, Knowhow und Tools zurückgreifen. Hier ein paar nützliche und hilfreiche Verweise:
Viele CMS-Anbieter wie WordPress oder Pagebuilder wie z.B. Elementor für WordPress bieten eine Vielzahl von Funktionen, die helfen, barrierefreie Websites zu erstellen. Der BLOG-ARTIKEL VON ELEMENTOR erklärt, wie man diese Funktionen optimal nutzen kann, WordPress bietet zahlreiche Infos und WEBINARE zu diesem Thema an.
ONLINECHECK
WAVE – WEB ACCESSIBILITY EVALUATION ist ein kostenloses Tool, mit dem Websites auf Barrierefreiheitsprobleme überprüft werden können. Es bietet eine umfassende Analyse und visuelle Rückmeldungen, um Probleme schnell zu identifizieren.
WORDPESS PLUGINS
Das ACCESSIBILITY PLUGIN für WordPress hilft, WordPress-Websites barrierefrei zu gestalten. Es bietet Funktionen wie das Hinzufügen von Skip-Links, die Anpassung der Schriftgröße und die Optimierung der Tastaturnavigation.
BROWSER PLUGINS
AXE ACCESSIBILITY CHECKER ist ein leistungsstarkes Chrome-Plug-In zur Überprüfung der Barrierefreiheit. Es bietet detaillierte Berichte und Vorschläge zur Behebung von Problemen direkt in Browser.
MONITORING
SITEIMPROVE ACCESSIBILITY bietet eine umfassende Lösung zur kontinuierlichen Überwachung und Verbesserung der Barrierefreiheit einer Website. Es integriert sich nahtlos in das CMS und bietet klare Berichte und Handlungsempfehlungen.
Online-Tools wie WEBAIM CONTRAST CHECKER oder COLOR CONTRAST CHECKER helfen dabei, sicherzustellen, dass Text- und Hintergrundfarben einen ausreichenden Kontrast bieten, um für alle Benutzer lesbar zu sein.
BIK BITV- / WCAG-TEST
Ab 460,00 € p. Seite testet z.B. die DIAS GMBH Websites auf Barrierefreiheit oder unterstützt Unternehmen bei der Entwicklung von barrierefreien Plattformen im Web.
BITV-EXPERTEN
Wer sich vorab zu dem Thema Barrierefreiheit im Web informieren oder beraten lassen möchte, findet eine Vielzahl an engagierten Beratern und Experten. Zwei davon sind MARKUS LEMCKE oder JAN HELLBUSCH, beide Berater und Dozenten für barrierefreies Webdesign, die dazu auch noch einen extrem informativen Blog rund um barrierefreie Informatik und Entwicklung betreiben.
FÖRDERUNG
Die 1964 auf Initiative des ZDFs entstandene deutsche Sozialorganisation AKTION MENSCH fördert barrierefreie Projekte, auch die Umsetzung barrierefreier Websites, von freien, gemeinnützigen Organisationen mit Sitz in Deutschland.
INFOSTELLEN
Die BUNDESFACHSTELLE BARRIEREFREIHEIT ist der Anlaufpunkt für alle, die sich über das BFSG informieren wollen. Daneben bieten auch die zuständigen HANDELSKAMMERN diverse Infoseiten zu dem Thema.
GESETZGEBUNG
Wer sich direkt in die Details des BFSG-Gesetzes einlesen möchte, findet Informationen dazu auf der Seite des BUNDESMINISTERIUMS oder liest sich direkt in den GESETZESTEXT ein.